Moderne Sklaverei in globalen Lieferketten

March 20, 2020 Pia Pinkawa

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) befinden sich 16 Millionen der geschätzten insgesamt 40 Millionen Opfer der modernen Sklaverei in Zwangsarbeitssituationen im Privatsektor. Medien, Nichtregierungs-organisationen (NGOs) und Aufsichtsbehörden haben viele multinationale Unternehmen wegen Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten ins Blickfeld gerückt. Die Reputation als Unternehmen, die Umsätze und letztlich auch die "licence to operate" ist damit erhöhten Risiken durch Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette ausgesetzt..

Die Bundesregierung hat 2016 mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte deutsche Unternehmen aufgerufen, menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang ihren Lieferketten nachzukommen. "Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) setzt für sein Monitoring die Zielvorgabe, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten nachweislich die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt angemessen in ihre Unternehmensprozesse integriert hat." (Quelle Auswärtiges Amt) Die Ergebnisse des ersten NAP-Monitorings, die im Dezember 2019 vorgestellt wurden, waren ernüchternd: Nicht einmal 20 % der 400 Unternehmen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, haben Vorkehrungen oder Maßnahmen getroffen, dass Zulieferer aus Entwicklungsländern Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Weitere 2.600 kontaktierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern haben den Fragebogen nicht beantwortet. Auch eine aktuelle Kurzbewertung der 20 größten deutschen Unternehmen des Business & Human Rights Resources Centre zeigt ähnliche Tendenzen: “Keines der größten deutschen Unternehmen hat laut Analyse durchgängig ein Grundniveau bei der Achtung der Menschenrechte erreicht”. Am 2. März 2020 startete die zweite und abschließende Erhebungsphase des NAP, bei der ca. 2.200 Unternehmen aus der relevanten Zielgruppe von 7.400 Unternehmen per Zufallsstichprobe eingeladen wurden, den Fragebogen auszufüllen. Die Ergebnisse wurden für den Sommer 2020 angekündigt und sollen die Grundlage für weitere Maßnahmen und auch legislative Entscheidungen bilden. Die Bundesregierung hat vorherige Planungen hierzu kürzlich gestoppt.  Ursprünglich hatte die Große Koalition 2016 verabredet, ein Lieferkettengesetz umzusetzen, wenn sich nicht mindestens 50% der Zielgruppen-Unternehmen freiwillig für die Einhaltung von menschenrechtlichen Standards in ihren Lieferketten engagieren. 

"Die Botschaft für Beschaffungs- und Lieferkettenteams ist klar: Lernen Sie Ihre Lieferanten kennen und zeigen Sie die Ergebnisse Ihrer Maßnahmen zur Verhinderung von Sklaverei in der Lieferkette auf." 

Das rechtliche Umfeld für die Transparenz der Menschenrechte wird für Unternehmen immer komplexer, so dass die Entwicklung robuster Praktiken für die Verwaltung der Sorgfaltspflicht unerlässlich ist.

Tun Sie genug, um moderne Sklaverei in Ihren Lieferketten zu bekämpfen?

Viele Unternehmen wollen abwarten, wie sich die Bundesregierung bezüglich einer gesetzlichen Regelung entscheidet. Fest steht jedoch, dass die Bekämpfung von moderner Sklaverei nicht warten kann. Und fest steht auch, dass die bisherigen Ansätze zur Bewältigung dieses Problems, wie zum Beispiel das Sammeln von nicht validierten Informationen mittels CSR-Fragebögen zur Selbsteinschätzung, nicht mehr ausreichen, um Risiken zu identifizieren, anhaltende Verbesserungen zu erzielen und damit den Sorgfaltspflichten - ob freiwillig oder gesetzlich - nachzukommen.

Die Minimierung von von mit Menschenrechtsverletzungen verbundenen Risiken erfordert nicht nur die Einhaltung geltender Bestimmungen, sondern auch engagierte Bemühungen, Verbesserungen in der Lieferkette voranzutreiben. Bestimmte Risiken sind eng miteinander verbunden. Menschenhandel oder Zwangsarbeit zum Beispiel sind häufig mit komplexen Subunternehmerketten verbunden, in deren Zwischenstufen oft Korruption vorherrscht. Spätestens hier gelangen viele Unternehmen an ihre Grenzen, Risiken sichtbar zu machen und Transparenz zu erhalten.

Die Verwendung einer umfassenden Methode, die verschiedene Arten von Risiken abdeckt, ist der beste Weg, um Ihr Unternehmen vor Unterbrechungen der Lieferkette und Reputationsschäden zu schützen. Schauen Sie sich unser neuestes Whitepaper “Moderne Sklaverei in Lieferketten: Neue Gesetzeslandschaft und Due-Diligence-Strategien" an, um zu erfahren, wie Sie sicherstellen können, dass Sie nicht nur die Gesetzgebung einhalten, sondern wirklich genug tun, um Risiken zu identifizieren und moderne Sklaverei in Ihrer Lieferkette zu beseitigen.

 

Über den Autor

Pia Pinkawa

Als externe freiberufliche Expertin für nachhaltige Lieferketten, Kommunikation und Marketing unterstützt Pia EcoVadis in der deutschsprachigen Region. Sie ist zertifizierte interkulturelle Trainerin, Germanistin und Italianistin mit journalistischem Hintergrund und hat mehr als 7 Jahren Erfahrungen in den Bereichen verantwortungsvolle Beschaffung und globale Lieferketten.

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