VSME Standard: Freiwillig, aber unvermeidlich? Die Rolle des Standards im Kontext des Omnibus-Vorschlags

March 10, 2025 Pia Pinkawa

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen nimmt in Europa immer mehr an Fahrt auf. Während große Unternehmen bereits den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) unterliegen, steht der Mittelstand nach dem Omnibusvorschlag und der Einschränkung des Geltungsbereichs nun vor der Frage: Müssen wir auch berichten? Die Antwort ist komplex: Der VSME Standard bietet eine freiwillige Möglichkeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für nicht-börsennotierte KMU. Doch wirklich freiwillig bleibt das nur auf dem Papier.

Was ist der VSME Standard?

Der Voluntary Standard for non-listed micro-, small- and medium-sized undertakings (VSME) wurde von EFRAG entwickelt, um KMU eine strukturierte, aber flexible Berichtsgrundlage für Nachhaltigkeitsthemen zu bieten.

Ziele des VSME Standards:

  • Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen für große Unternehmen, Banken und Investoren

  • Erleichterung des Zugangs zu nachhaltiger Finanzierung

  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Nachhaltigkeitsmanagement

  • Verbesserung der eigenen ESG-Leistung

Der Standard ist modular aufgebaut:

  1. Basis-Modul: Enthält Kernmetriken zu Umwelt, Sozialem und Governance (ESG).

  2. Erweitertes Modul: Vertiefende Angaben für Unternehmen mit größerem Berichtsbedarf.

Wie passt der VSME Standard in den Omnibus-Vorschlag?

Der Omnibus-Vorschlag der EU sieht vor, dass Unternehmen mit unter 1.000 Mitarbeitenden nicht zur verpflichtenden ESG-Berichterstattung nach der CSRD herangezogen werden - der Geltungsbereich würde von 50.000 auf ca. 10.000 Unternehmen reduziert werden. Stattdessen setzt die EU auf Freiwilligkeit und empfiehlt KMU, den VSME Standard als Berichtsinstrument zu nutzen.

Doch freiwillig bedeutet nicht irrelevant. Denn implizit setzt die EU auf das Motto “der Markt regelt das”: Große Unternehmen, Banken und Investoren sind weiterhin verpflichtet, Nachhaltigkeitsrisiken in ihrer Lieferkette zu managen. Sie werden daher von ihren Zulieferern und Kreditnehmern ESG-Daten fordern, um ihre eigene Compliance zu sichern - auch wenn diese nicht direkt unter die CSRD fallen. Das bedeutet:

  • Lieferkettenpflichten: Großunternehmen müssen nachhaltige Praktiken in der Lieferkette nachweisen und werden ESG-Daten von KMU einfordern.

  • Banken und Finanzierungen: Kreditvergabe wird zunehmend an ESG-Kriterien geknüpft sein, sodass KMU ihre Nachhaltigkeitsleistung belegen müssen.

  • Wettbewerbsvorteil: Unternehmen, die freiwillig ESG-Daten bereitstellen, sichern sich einen strategischen Vorteil gegenüber Wettbewerbern.

Was sollten KMU jetzt tun?

Obwohl der VSME Standard freiwillig ist, wird sich kaum ein Unternehmen dem entziehen können. KMU sollten daher:

  1. ESG-Daten erfassen - bis in die Lieferkette: Umwelt-, Sozial- und Governance-Metriken können die Transparenz erhöhen und Anforderungen von Stakeholdern erfüllen.

  2. Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln: Schon kleine Maßnahmen können dazu beitragen, in der Lieferkette als bevorzugter Partner anerkannt zu werden.

  3. Frühzeitig agieren: Wer proaktiv ESG-Informationen bereitstellt, bleibt wettbewerbsfähig und reduziert den Aufwand, wenn Berichtspflichten ausgeweitet werden.

Fazit: Der VSME Standard – Ein Muss für KMU?

Die EU verzichtet mit dem Omnibus-Vorschlag auf eine Berichtspflicht für KMU. Doch der Druck kommt von anderer Seite: Lieferkettenpflichten, Banken und Investoren verlangen ESG-Daten zu den eigenen Risiken und Chancen - und denen in der Lieferkette.

Für KMU gilt: Jetzt handeln und vorbereitet sein.

Über den Autor

Pia Pinkawa

Als externe freiberufliche Expertin für nachhaltige Lieferketten, Kommunikation und Marketing unterstützt Pia EcoVadis in der deutschsprachigen Region. Sie ist zertifizierte interkulturelle Trainerin, Germanistin und Italianistin mit journalistischem Hintergrund und hat mehr als 7 Jahren Erfahrungen in den Bereichen verantwortungsvolle Beschaffung und globale Lieferketten.

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