Die neuen EU-Nachhaltigkeitsregulierungen im (Über-)Blick

April 19, 2023 Pia Pinkawa

Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) gewinnen für Unternehmen immer mehr an Bedeutung, und die EU hat kürzlich eine Reihe neuer Nachhaltigkeitsstandards und -gesetze eingeführt und befindet sich in der Planung dieser. Diese Vorschriften zielen darauf ab, drängende globale Herausforderungen wie Abholzung, Klimawandel und Menschenrechtsverletzungen anzugehen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die EU-Verordnung zur Entwaldung, die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD), die EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) und die Aktualisierungen von REACH und RoHS im Jahr 2023. Wenn Unternehmen diese neuen Standards verstehen und einhalten, können sie nicht nur Compliance erzielen, sondern auch ESG als wirksames Instrument nutzen, um positive Auswirkungen zu erzielen.

EU-Verordnung zur Abholzung von Wäldern

Die EU-Verordnung zur Entwaldung zielt darauf ab, die Auswirkungen des europäischen Marktes auf die Entwaldung und Waldschädigung weltweit zu verringern. Im Rahmen dieser Verordnung müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Lieferketten frei von Abholzung sind, und sie müssen Sorgfaltspflichtregelungen einführen, um das Risiko zu minimieren, dass sie Produkte importieren, die mit Abholzung in Verbindung stehen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sollten Unternehmen ihre Lieferketten kartieren, die Risiken bewerten und Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen. Auf diese Weise verhindern Unternehmen nicht nur die Abholzung von Wäldern, sondern tragen auch zu einer grüneren und nachhaltigeren Zukunft bei. Zu den wichtigsten Bestimmungen gehören:

  • Verpflichtungen für Importeure bestimmter Waren, wie Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holzprodukte (Einfuhrverbot für Produkte deren Erzeugung auf nach 2020 gerodeten Waldflächen erfolgt)

  • Überwachungs- und Überprüfungssysteme zur Rückverfolgung der Herkunft von Produkten

  • Berichtspflichten zum Nachweis der Einhaltung der Vorschriften

Durch die Einhaltung dieser Verordnung können Unternehmen einen Beitrag zu den weltweiten Bemühungen um den Erhalt der Wälder und die Eindämmung des Klimawandels leisten.

Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD)

Die CSRD verpflichtet große Unternehmen zur Offenlegung von nicht-finanziellen und Diversitätsinformationen, einschließlich ökologischer, sozialer und Governance-Faktoren (ESG). Sie zielt darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten zu verbessern und soll Investoren, Verbrauchern und politischen Entscheidungsträgern helfen, fundierte Entscheidungen auf der Grundlage transparenter Nachhaltigkeitsinformationen zu treffen. Um die CSRD zu erfüllen, müssen Unternehmen eine nichtfinanzielle Erklärung als Teil ihres Jahresberichts erstellen, die Informationen über ihre ESG-Politik, Risiken und Leistung enthält. Die wichtigsten Aspekte sind:

  • Erweiterter Anwendungsbereich, der alle großen Unternehmen sowie börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) umfasst

  • Obligatorische Berichterstattung auf der Grundlage einer Reihe von Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS)

  • Zuverlässigkeitsanforderungen für Nachhaltigkeitsinformationen

EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD)

Die CSDDD, die derzeit von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wird, verpflichtet Unternehmen, potenzielle Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren Betrieben und Lieferketten zu ermitteln, zu bewerten und zu mindern. Die Unternehmen müssen eine Sorgfaltspflichtpolitik entwickeln und umsetzen, diese ihren Interessengruppen mitteilen und regelmäßig über ihre Fortschritte berichten. Die Richtlinie wird für alle in der EU tätigen Unternehmen gelten, unabhängig von ihrer Größe oder Branche. Es wird erwartet, dass sie die Unternehmen rechtlich dazu verpflichtet, nachteilige Auswirkungen auf ESG-Faktoren in ihren Betrieben und Lieferketten zu ermitteln, zu verhindern und abzumildern. Durch die Einhaltung der CSDDD können Unternehmen nicht nur rechtliche Risiken und Reputationsrisiken vermeiden, sondern auch ihr Engagement für ethische Geschäftspraktiken unter Beweis stellen. 

Die wichtigsten Merkmale sind:

  • Verpflichtende menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltsprüfung für in der EU tätige Unternehmen

  • Identifizierung und Bewertung potenzieller negativer Auswirkungen

  • Umsetzung von Maßnahmen zur Risikominderung und Überwachung

  • Voraussichtlicher Geltungsbereich für gesamte Lieferkette (Erweiterung des LkSG)

Durch die Umsetzung solider Sorgfaltsprüfungsverfahren können Unternehmen das Risiko von Rufschädigung und rechtlicher Haftung verringern und gleichzeitig ein verantwortungsvolles Geschäftsverhalten fördern, um ihre Betriebslizenz und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Aktualisierungen von REACH und RoHS im Jahr 2023

Die EU hat die Verordnungen zur  Registration, Evaluation, Authorisation, and Restriction of Chemicals (REACH) und Restriction of Hazardous Substances (RoHS)) im Jahr 2023 aktualisiert. Die wichtigsten Änderungen sind:

  • Aufnahme neuer Stoffe in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC) unter REACH

  • Erweiterung des Geltungsbereichs von RoHS auf alle Elektro- und Elektronikgeräte (EEE), mit einigen Ausnahmen

  • Überarbeitete Schwellenwerte für eingeschränkte Stoffe unter RoHS

Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten, müssen die Unternehmen die aktualisierten Listen regelmäßig überprüfen und ihre Prozesse entsprechend anpassen. Auf diese Weise erfüllen die Unternehmen nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern tragen auch zu einer sichereren und gesünderen Umwelt bei.

Der Wert der ESG-Compliance und die Schaffung positiver Auswirkungen

Da die EU weiterhin neue Nachhaltigkeitsstandards und -gesetze einführt, ist es für Unternehmen wichtig, informiert zu bleiben und proaktiv Maßnahmen zu ergreifen. Die Compliance  mit diesen neuen Nachhaltigkeitsstandards und -gesetzen ist zwar von entscheidender Bedeutung, doch müssen Unternehmen über die Einhaltung hinausgehen, um in großem Umfang positive Auswirkungen zu erzielen. Durch einen proaktiven Ansatz in Bezug auf ESG-Faktoren und eine langfristige Verbesserung der Nachhaltigkeit können Unternehmen in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben.

Was Unternehmen tun können:
  • Entwickeln Sie eine Nachhaltigkeitsstrategie, die mit Ihren Werten und Zielen übereinstimmt, und kommunizieren Sie Ihre Fortschritte an Ihre Stakeholder. 
  • Bewerten Sie Ihre derzeitigen Nachhaltigkeitspraktiken und ermitteln Sie Bereiche mit Verbesserungspotenzial. Ein EcoVadis Rating kann Ihnen helfen, den Ist-Status Ihrer Nachhaltigkeitsleistung zu erfassen und gibt Ihnen wertvolle Empfehlungen für Verbesserungsmaßnahmen. Gleichzeitig erhalten Sie eine transparent und anerkannte Scorecard, die Sie mit Ihren Kunden und Stakeholdern kommunizieren können, um Ihr Engagement und Commitment aufzuzeigen.
  • Entwickeln Sie eine Strategie zur Bewertung potenzieller Risiken und Chancen in Ihrer Lieferkette und verankern Sie diese in Ihrer Beschaffungsorganisation. Dies kann neue oder geänderte Prozesse, die Festlegung von KPIs und die Verankerung von Nachhaltigkeit im Beschaffungsprozess (z. B. in Ausschreibungen, neuen Verträgen usw.) beinhalten. Erfahren Sie mehr darüber, wie EcoVadis Sie bei Ihrem nachhaltigen Beschaffungsprogramm unterstützen kann.
  • Holen Sie sich Einblicke von führenden Vertretern des nachhaltigen Beschaffungswesens in Ihrer Branche oder in anderen Branchen. Brancheninitiativen wie Together for Sustainability oder auch Initiativen wie der Sustainable Procurement Pledge verfügen über langjährige Erfahrungen, Erkenntnisse und bewährte Verfahren.

Diese Schritte können Ihrem Unternehmen bei der langfristigen Erfolgssicherung helfen und gleichzeitig zu einer nachhaltigeren Zukunft für alle beitragen.

Über den Autor

Pia Pinkawa

Als externe freiberufliche Expertin für nachhaltige Lieferketten, Kommunikation und Marketing unterstützt Pia EcoVadis in der deutschsprachigen Region. Sie ist zertifizierte interkulturelle Trainerin, Germanistin und Italianistin mit journalistischem Hintergrund und hat mehr als 7 Jahren Erfahrungen in den Bereichen verantwortungsvolle Beschaffung und globale Lieferketten.

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