Mit der Einigung des Rates der Europäischen Union auf ein Verhandlungsmandat zur Überarbeitung der CSRD und CSDDD nimmt das sogenannte "Omnibus I"-Paket Gestalt an. Ziel ist eine gezieltere Regulierung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastbarkeit der Unternehmen. Vor dem Hintergrund wachsender Kritik an der administrativen Komplexität bestehender ESG-Regularien stellt das Mandat eine Reaktion auf Umsetzungsherausforderungen dar – ohne jedoch den politischen Anspruch auf nachhaltiges Wirtschaften aufzugeben.
CSRD: Schwellenwerte bestätigt, Evaluierung angekündigt
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) soll künftig nur noch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von über 450 Millionen Euro gelten. Dabei handelt es sich nicht um eine neue Schwelle, sondern um eine Bestätigung des Kommissionsvorschlags vom Februar 2024. Der Anwendungsbereich würde sich damit deutlich verengen; gelistete KMU sollen explizit ausgenommen bleiben.
Gleichzeitig enthält das Mandat eine Überprüfungsklausel: Bis spätestens 2028 soll die Kommission evaluieren, ob die eingeschränkte Reichweite ausreichend Daten für Finanzmarkt und politische Steuerung liefert. Eine etwaige Erweiterung bleibt damit grundsätzlich möglich.
CSDDD: Deutlich engerer Anwendungsbereich, Fokus auf Risiko
Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD, künftig CS3D) erfährt mit dem Ratsvorschlag eine substanzielle Einschränkung. Nur Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und 1,5 Milliarden Euro Umsatz sollen demnach verpflichtet werden, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten gesetzlich zu verankern. Dies würde die Zahl der betroffenen Unternehmen EU-weit auf unter 1.000 reduzieren.
Statt einer pauschalen Pflicht zur Prüfung der gesamten Lieferkette setzt der Rat auf einen risikobasierten Ansatz: Verpflichtet wird zur Analyse der eigenen Geschäftsbereiche, Tochtergesellschaften sowie direkter (Tier-1) Geschäftspartner. Weitergehende Prüfungen in tieferen Wertschöpfungsstufen sind nur bei glaubwürdigen Hinweisen auf Risiken vorgesehen.
"Value Chain Cap": Schutz für kleinere Zulieferer
Besonders relevant für die Praxis ist die vorgesehene Begrenzung von Informationspflichten entlang der Lieferkette. Kleine und mittlere Unternehmen unter 1.000 Mitarbeitenden sollen das Recht erhalten, Datenanfragen abzulehnen, sofern diese über freiwillige Nachhaltigkeitsstandards hinausgehen. Die Intention ist, dass große Unternehmen nicht grenzenlos Informationen von kleinen Lieferanten einfordern dürfen, insbesondere wenn es über anerkannte Standards hinausgeht. Es handelt sich dabei nicht um ein pauschales „Recht auf Ablehnung“, sondern um eine verhältnismäßige und praktikable Umsetzung der Richtlinie, bei der kleinere Unternehmen nicht mit überzogenen Anforderungen belastet werden sollen. Damit folgt der Rat dem VSME-Ansatz der Kommission und erkennt die Notwendigkeit flexibler Informationsflüsse in der Lieferkette an.
Klimapflichten: Zeitlicher Aufschub, aber keine Aufgabe
Auch beim Thema Klimaschutz sieht das Mandat Anpassungen vor: Die Pflicht zur Erstellung eines Transformationsplans zur Erreichung von Netto-Null-Zielen bleibt bestehen, wird jedoch um zwei Jahre verschoben. Der bisherige "Best Efforts"-Ansatz wird durch "angemessene Bemühungen" ersetzt – ein Versuch, zwischen Ambition und Umsetzbarkeit zu balancieren.
Die Frist für die Umsetzung der CS3D in nationales Recht wird auf den 26. Juli 2028 verschoben.
Ausblick: Trilogverhandlungen ab Herbst
Der nächste Schritt liegt nun beim Europäischen Parlament, dessen Plenarabstimmung für Oktober 2025 erwartet wird. Die Trilogverhandlungen könnten im Anschluss beginnen. Eine finale Einigung wird offiziell bis Jahresende angestrebt, ist jedoch realistischerweise erst im ersten Quartal 2026 zu erwarten.
Fazit: Justierung statt Rückschritt
Mit dem Mandat zum Omnibus I-Paket reagiert der Rat auf den wachsenden Umsetzungsdruck, ohne die ESG-Ziele der EU grundsätzlich infrage zu stellen. Die vorgeschlagenen Reformen markieren keinen Rückzug aus der Regulierung, sondern eine differenziertere Herangehensweise: mehr Risikoorientierung, klarere Zuständigkeiten und ein gewisser Pragmatismus im Umgang mit kleineren Marktakteuren.
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