Die 12. Ausgabe des ITUC Global Rights Index liefert alarmierende Zahlen: In drei von fünf Weltregionen haben sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert. Besonders besorgniserregend ist der Rückgang in Europa, traditionell als „sichere Region“ für Recht von Arbeitnehmenden angesehen. Für Unternehmen mit ESG-Verpflichtungen ist dieser Trend nicht nur eine moralische, sondern auch eine handfeste geschäftliche Herausforderung.
Systematische Verletzungen fundamentaler Rechte
87 % der Länder verletzen laut Index das Streikrecht, 80 % schränken Tarifverhandlungen ein. In 72 % der Länder ist der Zugang zur Justiz für Arbeitnehmende reduziert oder gar nicht gewährleistet – ein Allzeithoch. Für Unternehmen erhöht sich damit das Risiko menschenrechtlicher Verstöße in Liefer- und Wertschöpfungsketten erheblich.
Die schlimmsten zehn Länder für Arbeitnehmende
Bangladesch, Belarus, Ecuador, Ägypten, Eswatini, Myanmar, Nigeria, die Philippinen, Tunesien und die Türkei bilden laut Index 2025 die Negativspitze. In diesen Ländern sind fundamentale Arbeitsrechte de facto außer Kraft gesetzt: Gewerkschaften werden unterdrückt, Proteste kriminalisiert und Streikende teils gewaltsam verfolgt. Für Unternehmen mit Lieferanten oder operativen Tätigkeiten in diesen Staaten besteht ein erhöhtes Risiko, in Menschenrechtsverletzungen involviert zu werden – selbst bei vermeintlich gesetzeskonformer Geschäftstätigkeit.
Regionale Brennpunkte: MENA, APAC und Afrika
Die Regionen Naher Osten und Nordafrika (MENA), Asien-Pazifik (APAC) sowie Afrika zeigen besonders tiefgreifende strukturelle Defizite beim Schutz von Arbeitnehmendenrechten. In MENA verzeichneten alle Länder systematische Verstöße gegen das Recht auf Kollektivverhandlungen, Vereinigungsfreiheit und Streik.
Auch in der Asien-Pazifik-Region bleibt die Lage kritisch, trotz leichter Verbesserungen. 91 % der Länder verletzen das Streikrecht, fast die Hälfte meldete Gewalt gegen Arbeitnehmende. In Afrika verschlechterte sich die Lage das vierte Jahr in Folge. Die informelle Beschäftigung, politische Instabilität und mangelnde Durchsetzung bestehender Gesetze führen dazu, dass in 93 % der Länder zentrale Arbeitsrechte verletzt werden. Unternehmen, die in diesen Regionen tätig sind, stehen damit vor einer komplexen Herausforderung: Sie müssen arbeitsrechtliche Risiken nicht nur bewerten, sondern aktiv mitigieren.
Wie Unternehmen reagieren sollten
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Risikokartierung aktualisieren: Insbesondere in neuen Hochrisikoländern wie Nigeria, Georgien oder Panama.
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Soziale Audits stärken: Gewerkschaftsfreiheit muss explizit Teil der Risikoanalyse sein.
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Beschwerdemechanismen ausbauen: Insbesondere für besonders gefährdete Gruppen wie Wanderarbeitskräfte.
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Politisches Engagement zeigen: Durch Unterstützung kollektiver Arbeitnehmendenvertretung und Mitwirkung an branchenweiten Initiativen.
Der ITUC Index 2025 zeigt eindrucksvoll, wie eng soziale Nachhaltigkeit mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verwoben ist. Wer ESG ernst nimmt, muss Recht von Arbeitnehmenden nicht nur dokumentieren, sondern aktiv schützen. Jetzt ist die Zeit, über reine Compliance hinauszudenken – und die soziale Dimension von Nachhaltigkeit zur Priorität zu machen.
Wie EcoVadis Ihr Unternehmen unterstützt
EcoVadis bietet mit seiner Plattform eine umfassende Lösung zur Bewertung sozialer Risiken in Lieferketten. IQ Plus identifiziert frühzeitig Länder- und Sektorrisiken auf Basis unabhängiger Quellen. Ergänzt wird dies durch EcoVadis Ratings, die auf dokumentenbasierter Analyse die Managementsysteme einzelner Zulieferer bewerten. EcoVadis Worker Voice, ein Instrument zur anonymisierten Befragung von Arbeiter*innen entlang der Lieferkette macht Missstände sichtbar, die in klassischen Audits häufig verborgen bleiben – etwa Einschränkungen bei Gewerkschaftsfreiheit oder Lohndiskriminierung. Für Unternehmen, die ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht glaubwürdig umsetzen wollen, sind solche mehrschichtigen, kontinuierlichen Monitoringansätze heute essenziell.
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