LkSG und CSRD in Deutschland - Status Quo und Ausblick

September 4, 2025 Pia Pinkawa

Am 3. September hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes beschlossen und das BMJV hat den Referentenentwurf zur CSRD-Umsetzung veröffentlicht und damit die deutsche Umsetzung der CSRD konkretisiert. Ein Überblick.

Die CSRD-Umsetzung nimmt Form an – mit Aufschub und Entlastung

Ein zentrales Signal ist der zeitliche Aufschub: Unternehmen der sogenannten „ersten Welle“ müssen nun erstmals über das Geschäftsjahr 2025 berichten. Eine rückwirkende Anwendung auf das Jahr 2024 ist vom Tisch. Auch die technische Pflicht zur digitalen Auszeichnung im ESEF/XBRL-Format wurde verschoben – sie greift erst für Berichte über das Geschäftsjahr 2026.

Unverändert bleibt, dass die CSRD inklusive der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vollständig in deutsches Recht überführt wird. Berichtet wird im Lagebericht, und zwar nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit – also sowohl aus Sicht der Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft als auch im Hinblick auf unternehmerische Risiken und Chancen.

Was in der Diskussion um Bürokratieentlastung oft untergeht: Auch die Bundesregierung selbst hat ein Interesse an einem pragmatischen Rechtsrahmen. Deshalb unterstützt sie auf EU-Ebene derzeit aktiv Vorschläge zur Anhebung von Schwellenwerten sowie zur Begrenzung der Berichtspflichten entlang der Wertschöpfungskette – etwa durch einen sogenannten „Value-Chain-Cap“. Bis diese Entlastungen jedoch auf europäischer Ebene beschlossen und in nationales Recht überführt werden, gilt es, sich auf die bestehende 1:1-Umsetzung vorzubereiten.

LkSG: Berichtspflicht entfällt – die Pflichten bleiben

Parallel dazu hat das Bundeskabinett den Referentenentwurf des BMAS zur Änderung des Lieferkettengesetzes beschlossen. Die zentrale Botschaft: Die eigenständige Berichtspflicht nach § 10 LkSG soll rückwirkend zum 1. Januar 2023 gestrichen werden. 

Die Streichung bedeutet jedoch keineswegs das Ende der Sorgfaltspflichten. Unternehmen müssen weiterhin Risiken identifizieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen implementieren, Beschwerdemechanismen betreiben und ihre Maßnahmen dokumentieren. Diese Dokumentation muss mindestens sieben Jahre lang intern aufbewahrt werden. Auch das BAFA bleibt prüfberechtigt und kann risikobasierte Kontrollen durchführen – nun jedoch ohne automatisierte Auswertung eingereichter Berichte.

Der Entwurf folgt einem politischen Spagat: Einerseits will man dem Wunsch nach Entbürokratisierung nachkommen, andererseits an den menschenrechtlichen und ökologischen Standards festhalten. Diese Balance wird jedoch kritisch gesehen. So weist beispielsweise das Deutsche Institut für Menschenrechte in einer Stellungnahme darauf hin, dass gerade die Berichterstattung ein zentrales Element der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nach den UN-Leitprinzipien darstellt. Ohne sie fehle es an Transparenz und Rechenschaftspflicht – nicht nur gegenüber Behörden, sondern auch gegenüber der Öffentlichkeit.

Im Anschluss an die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und CSDDD ist vorgesehen, eine neue Berichtspflicht zu etablieren. Wann genau diese kommt und ob sie in Tiefe und Qualität mit der bisherigen Berichterstattung vergleichbar sein wird, bleibt jedoch offen.

Berichterstattung, hin oder her?

Für Unternehmen bedeutet das: Auch wenn Berichte nach LkSG nicht mehr veröffentlicht werden müssen, bleibt die Pflicht zur Umsetzung und Dokumentation aller Sorgfaltspflichten bestehen – und wird im Zweifel vom BAFA kontrolliert. Im ersten Jahr des LkSG registrierte das BAFA 206 Beschwerden; in 58 Fällen wurden Ermittlungen gegen deutsche Unternehmen eingeleitet. 2023 führte die Behörde 486 Kontrollen durch – insbesondere in risikobehafteten Branchen wie Textil, Elektronik oder Lebensmittel.

These: Wenn NGOs und weitere Institutionen und Stakeholder, wenn auch nur vorübergehend, auf keine öffentliche Berichterstattung mehr zugreifen können, könnte unter Umständen das Risiko für Beschwerden aufgrund von Verdachtsfällen und Zweifeln steigen und zu vermehrten Überprüfungen durch das BAFA führen.

Zugleich eröffnet die CSRD durch ihren strukturierten Rahmen eine Möglichkeit, menschenrechtliche und umweltbezogene Aspekte strategisch in das Gesamtreporting zu integrieren.

Fazit: Kein Freibrief

Die aktuellen Gesetzesvorhaben bringen spürbare Abstriche mit sich – aber keinen Freibrief zum Stillstand. Wer seine Nachhaltigkeitsgovernance nun auf Eis legt, riskiert langfristig Reputations- und Compliancerisiken. Unternehmen sollten den zeitlichen Aufschub im Rahmen der CSRD als Chance begreifen, Reportingprozesse strategisch zu professionalisieren und interne Datengrundlagen zu festigen. Gleichzeitig gilt es, die Anforderungen des LkSG weiterhin ernst zu nehmen – auch ohne Berichtspflicht.

Über den Autor

Pia Pinkawa

Als externe freiberufliche Expertin für nachhaltige Lieferketten, Kommunikation und Marketing ist Pia Pinkawa als Content Lead für EcoVadis in der D-A-CH-Region tätig. Sie ist zertifizierte interkulturelle Trainerin, Germanistin und Italianistin mit journalistischem Hintergrund und hat mehr als 9 Jahre Erfahrungen in den Bereichen verantwortungsvolle Beschaffung und globale Lieferketten.

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