Am 26.09.2025 hat das Bundeministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Soziales (BMAS) das "Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angewiesen, bei der Anwendung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zurückhaltend und unternehmensfreundlich zu agieren." Erst kürzlich hatte das Bundeskabinett den Referentenentwurf des BMAS zur Änderung des Lieferkettengesetzes beschlossen und damit die eigenständige Berichtspflicht nach § 10 LkSG rückwirkend zum 1. Januar 2023 gestrichen -- die Gesetzesänderung ist aktuell noch nicht vom Bundestag verabschiedet.
Die Streichung der Berichtspflicht und die Anweisung an das BAFA haben jedoch keine Auswirkungen auf die unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Im
Berichtspflicht entfällt – Pflichten bleiben
Unternehmen müssen künftig keine Berichte mehr veröffentlichen. Damit entfällt auch die automatisierte Auswertung der Meldungen durch das BAFA. Unberührt bleiben jedoch die zentralen Sorgfaltspflichten: Risikoanalysen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Beschwerdemechanismen sowie eine lückenlose interne Dokumentation. Diese Unterlagen sind mindestens sieben Jahre aufzubewahren. Damit blieben 9 der insgesamt 13 Ordnungswidrigkeitstatbestände bestehen.
Wann das BAFA kontrolliert
Das BAFA bleibt zuständige Aufsichtsbehörde und führt weiterhin Prüfungen durch – allerdings mit verändertem Fokus:
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Risikobasierte Kontrollen: Die Behörde wird sich auf besonders gefährdete Branchen wie Textil, Elektronik oder Lebensmittel konzentrieren.
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Beschwerden: Jedes eingehende Hinweis- oder Beschwerdeverfahren kann eine Prüfung auslösen. Schon 2023 registrierte das BAFA 206 Beschwerden, in 58 Fällen kam es zu Ermittlungen.
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Verdachtsfälle: Auch ohne Berichtspflicht kann das BAFA Informationen aus Medien, NGOs oder Gewerkschaften aufgreifen und Kontrollen einleiten.
Welche Verstöße verfolgt werden
Mit der Änderung hat die Bundesregierung außerdem entschieden, die Zahl der Ordnungswidrigkeitstatbestände drastisch zu reduzieren. Bußgelder sollen künftig nur noch in gravierenden Fällen verhängt – etwa wenn Unternehmen schwerwiegend gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten verstoßen.
Laufende Ordnungswidrigkeitenverfahren, die ausschließlich auf Grundlage der bisherigen Berichtspflicht eingeleitet wurden, soll das BAFA einstellen. Neue Verfahren, die auf den gestrichenen Bußgeldtatbeständen basieren, sollen nicht eröffnet werden. Im Grunde handelt es sich bei der Anweisung des BMWE, darum, die geplante Gesetzesnovellierung inklusive rückwirkendem Wegfall der Berichtspflicht jetzt schon operativ durch das BAFA umzusetzen, sprich: die Berichtspflicht soll rückwirkend entfallen, ergo wäre es kein Bußgeldtatbestand mehr aufgrund dessen Verfahren weitergeführt oder eröffnet werden können.
Politischer Balanceakt
Der Schritt ist Teil eines politischen Spagats: Einerseits wirbt die Politik mit Bürokratieentlastung, andererseits gilt es, Menschenrechte und Umweltstandards in Lieferketten zu sichern. Kritiker wie das Deutsche Institut für Menschenrechte sehen die Streichung der Berichte kritisch, da damit Transparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber Öffentlichkeit und Stakeholdern entfallen.
Fazit: Risikomanagement bleibt Priorität
Für Unternehmen bedeutet die Änderung zwar weniger Aufwand bei der Berichterstattung, aber keineswegs Entwarnung:
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Kontrollen bleiben Realität, insbesondere in risikobehafteten Branchen.
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Beschwerden haben Gewicht und können jederzeit Prüfungen auslösen.
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Schwere Verstöße werden sanktioniert, auch ohne Berichtspflicht.
- Dokumentationspflicht bleibt bestehen, und muss bei Bedarf nachgewiesen werden können
Wer seine Prozesse nun schleifen lässt, riskiert Reputationsschäden und ja, auch immer noch Bußgelder. Wer dagegen die Übergangsphase nutzt, um seine internen Systeme zu festigen, ist für die kommenden europäischen Standards (CSRD, CSDDD) bestens vorbereitet.
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